Quo vadis? Pferdefair!


Der Weg der Pferdeausbildung kann sehr steinig und hindernisreich sein. Aufgrund von physiologischen Veränderungen unserer Pferde, mussten wir die Arbei mit dem Pferd neu ausrichten, um eine Gesunderhaltung und Tragfähigkeit der Pferde zu gewährleisten.

Durch eine großartige Ausbilderin, die nach wissenschaftlich erwiesenen biomechanischen Grundsätzen arbeitet, ist uns ein Richtungswechsel gelungen - weg von Tempo und Dynamik hin zu achtsamer bewusster Arbeit an der Balance. Die Pferde danken es uns mit verbesserter Physis und einer vertieften Beziehung zu uns.

 

 

Unsere Pferde bilden wir liebevoll & konsequent nach den Prinzipien der klassischen Reitlehre aus. Somit kommen bei uns Einfühlungsvermögen & Geduld statt Hilfszügel zum Einsatz. Regelmäßig bilden wir uns über Unterricht, Literatur und Kurse über dieses Thema weiter. Wir arbeiten mit unseren Pferden abwechslungsreich und gesunderhaltend, gymnastizieren sie entsprechend ihrer Schwächen, um sie lange gesund erhalten zu können.


 

In diesem Abschnitt unserer Homepage ist unser besonderes Anliegen, Ihnen einen Eindruck des Ausbildungsweges, den wir mit unseren Pferden beschreiten, zu vermitteln. Nicht nur die Erfassung des Leistungsvermögens, welches mit den charakterlichen Attributen einhergeht, sondern auch die individuelle zwanglose Förderung unserer Vierbeiner liegt uns hierbei besonders am Herzen. Der vierbeinige Schüler soll dabei stets seine natürliche Aura beibehalten.

Leider besteht häufig in der arabischen Zucht die Ansicht, dass ein arabisches Vollblut primär über Typ, Harmonie und eine interessante Abstammung verfügen muss. Anhand der Verteilung von Reitpferdepoints mutmaßt man über die vorhandene Rittigkeit dieser Pferde, ohne diese je in der Praxis getestet zu haben. Die charakterliche Einschätzung des Vollblutarabers, welche Aufschluß über die Reitpferdetauglichkeit gibt und somit die Pforte zum züchterischen Einsatz öffnet, bleibt oftmals außen vor. Eignet sich ein Exemplar trotz exquisiter Abstammung weniger für den Vorführring, wird es als Freizeitpferd verkauft. Bekanntlich reitet man jedoch nicht auf den Papieren.

 

Vom Fohlen zur Remonte

 

Aufgrund der rassebedingten Spätreife führen wir unsere Vollblutaraber und Quarabs in der Regel vierjährig an die Arbeit. Den genauen Zeitpunkt legen wir bei jedem Jungpferd individuell fest. Nun gilt es, den charmanten Wildfang zu einem verlässlichen Freizeitpartner auszubilden.

Eine vorteilhafte Basis ist es, zuerst das Vertrauen und den Respekt des Pferdes zu gewinnen. Dies ist ein Prozess, den man sich regelmäßig vom Neuen erarbeiten muss.

Durch die alltäglichen Abläufe im Umgang mit dem Jungpferd lernt es durch die Routine die Grundgelassenheit beim Putzen und Anbinden mit sich zu bringen. Die anfangs nötige Vorsichtigkeit bei allen Berührungen und Bewegungen stellt sich von selbst ein. Mittlerweile beginnen wir unsere Pferde an der Hand zu arbeiten. Sie lernen durch Anhalten ind Angehen achtsames Schreiten und erste Schritte zur Balance kennen. Wir geben durch Körpersprache und Stimmhilfe entsprechende Signale und gehen eine erste tiefe Verbindung zum Pferd ein. Zum Anlongieren sind ein kleiner umzäunter Platz oder ein Rondell, Longe, Longierpeitsche und ein Kappzaum erforderlich. Für sensible Pferde reicht manchmal auch ein Stallhalfter statt des Kappzaums aus. Hierfür ist ein gutes Reaktionsvermögen erforderlich. Die ersten Trainingseinheiten dauern kaum länger als zehn Minuten. Mir ist wichtig, dass alles mit viel Ruhe passiert, auch wenn sich Jungpferde durchaus ungeduldig geben. Die Arbeit sollte ohne Adrenalin passieren. Eine meiner Intentionen ist, immer einen positiven Abschluss für das Pferd und mich zu finden, damit es das nächste Mal motiviert weiter geht. Mit der Zeit sollte das Pferd gelernt haben, auf beiden Händen einen gelassenen  Schritt, einen flüssigen Trab und einige Galoppsprünge auf Kommando zu zeigen. Besonderen Wert lege ich darauf, dass das Pferd aus seinem ruhigen natürlichen Trabtempo in den Galopp springt statt überhastet hineinzuflüchten. Ebenso ist es wichtig, dass sich das Pferd im ruhigen Schritttempo vom Longierer entfernt. Dabei begebe ich mich etwas hinter die Gurtlage, dorthin wo später der Schenkel des Reiters liegen wird, und treibe das Pferd behutsam auf den größer werdenden Zirkel. Man bedenke, Man bedenke, wie sich das Pferd beim ersten Auflegen des Sattels verhalten würde, wenn es gelernt hätte, sich fluchtartig vom Longierer zu entfernen. Beherrscht das Pferd diese Dinge, lege ich nach der Aufwärmphase den Gurt an, damit es bei einem Losbuckeln bereits aufgewärmt ist. Wichtig ist, dass das Pferd in diesem Moment vorwärts geht. In diesem Zeitraum mache ich auch das Pferd mit dem Gebiss vertraut, welches anfangs nur über ein einfaches Genickstück, etwas höher verschnallt, lose im Maul liegt. Häufige Handwechsel, indem ich das Pferd zu mir in die Mitte treten lasse, an seiner Seite verschiedene Bewegungen durchführe, um es auf das spätere Aufsitzen vorzubereiten, und dann wieder herausschicke etablieren sich beim Longieren sehr gut. Hat sich das Pferd an den Gurt gewöhnt, wird es nächstes den Sattel kennenlernen. Bei einigen sehr lässigen Pferden kann ich auch die Gewöhnung an den Gurt überspringen und gleich den Sattel anlegen. Das Pferd selbst bestimmt das Ausbildungstempo und die einzulegenden Zwischenschritte. Gibt man dem Pferd die Zeit, die es braucht, erweist es sich später als dankbares Reitpferd. Zur Gewöhnung an den Sattel verwenden wir am liebsten einen alten Vielseitigkeitssattel ohne Bügel, bei dem es uns nicht wehtut, sollte er abgebuckelt werden. Da Dressursättel eine punktuelle Wirkung haben, welche für Jungpferde häufig als unangenehm empfunden wird, kommt dieser in der Anreitphase nicht zum Einsatz. In der Gewöhnungsphase achten wir besonders darauf, das Pferd locker zu gurten und den Gurt lieber während der Arbeit Stück für Stück nachzuziehen. Nachdem ich dem Pferd ein- bis dreimal den Sattel nach der Aufwärmphase im Rondell anlegte, lege ich ihn die folgenden Male dem Pferd auf den Rücken, wenn es unangebunden ist. Jungpferde neigen dazu, sich schnell beklemmt durch Sattel und Gurt zu fühlen. Bietet man ihnen die Möglichkeit, nach Anziehen des Gurtes noch den Brustkorb zu weiten und einige Schritte nach vorne zu gehen, entspannen sie sich schnell. Andernfalls kann es passieren, dass sich das Pferd im angbundenen Zustand hinlegt und einen regelrechten Gurtzwang entwickelt. Übrigens gewöhne ich in dieser Zeit alle Pferde vorsichtig an Berührungen an Kruppe und Flanke. Akzeptiert das Pferd den Sattel und ist allgemein entspannt bei der Arbeit, beginne ich mit dem ersten Ranhängen an den Sattel. Bei ängstlichen Pferden bringe ich anfangs Gewicht vom Boden aus in den Bügel und lasse das Pferd dabei im Schritt gehen. Dass ich mich dabei auf Schenkelhöhe befinde, irritiert manches Pferd. Für die die ersten Male benötige ich noch keine Zügel. Eine ruhige Person sitzt die ersten Male auf, oder hält das Pferd während ich aufsitze. Aus meiner Erfahrung ist es bei sehr sensiblen Pferden besser, wenn sie von ihrem Ausbilder selbst gehalten werden, da minimal abweichende Kommandos sie schnell verunsichern können. Hängt man am Sattel wird das Pferd vorsichtig in Bewegung gebracht und ein paar Schritte geführt bis flüssig mit dem Probanden lauft. Der nächste Schritt ist, vorsichtig den Schenkel auf die andere Seite zu legen und nach dem Bügel zu angeln, ohne sich in den Sattel zu setzen. Vorzugsweise bleibe ich im Entlastungssitz und nehme erst langsam Platz, wenn das Pferd entspannt einige Schritte gegangen ist. In diesen Momenten sind höchste Konzentration und ein ruhiges Ambiente gefordert. Erneut läuft man mit dem Pferd einige Schritte und schickt es dann auf den Zirkel, während der Reiter passiv bleibt und auch seine Schenkel vom Pferd weghält. Stück für Stück beginnt dieser dann sich auf dem Pferd zu bewegen und es mit den Beinen zu streicheln. Atmet das Pferd tief durch oder schnaubt gar ab, sind dies beruhigende Entspannungszeichen. Nun kann man das Pferd an den Reiter auch im Trab gewöhnen. Da junge Pferde sehr mit ihrer Balance beschäftigt sind, verzichte ich auf Galopparbeit. Nach meiner Erfahrung fällt es jungen Pferden am leichtesten das erste Mal im Gelände hinter einem erfahrenen Pferd ihren Galopp zu entfalten. Nach und nach nimmt der Reiter eine immer aktivere Rolle ein und wenn das Pferd auf Kommando vorwärts geht und antrabt kommen auch die Zügel zum Einsatz. Meistens beginne ich mit zwei Paar Zügeln zu reiten, weil die Zügelhilfen über den Kappzaum und das Gebiss anfangs verständlicher sind. Sobald das Pferd auf Kommando anhält, sich lenken lässt und vorwärts geht, kann es frei geritten werden. Hier geht es primär darum, dass sich das Pferd grob lenken lässt und auf alle Hilfen reagiert. Um Balance und Kondition zu erreichen, verlagern wir die anfängliche Arbeit auf Geländeritte in Begleitung mit einem ruhigen Pferd. Trotzdem lassen wir die Arbeit im Viereck nicht aus den Augen und auch gelegentliche Doppellongenarbeit, Handarbeit, Cavalettiarbeit oder Join Up gestalten den (Pferde-)Arbeitsalltag facettenreich. 

Übrigens lege ich weniger Wert auf die Kopfhaltung des Pferdes. Es darf den Hals als Balancierstange benutzen. Beginnt es realistisch über den Rücken zu gehen, tritt es von selbst an das Gebiss heran.


Pauline Böhme